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    Kork – Hautnah

    Die Bäume des Alentejo erfahren ein seltsames Schicksal. Sie werden alle 9 Jahre geschält. Der nackte Baumkörper, der direkt nach der Enthäutung einen rötlichen Farbton aufweist, wird nach kurzer Zeit kadmiumgelb, bis er dann nach Jahren der Regeneration die uns gewohnte antrazitgraue Farbe der Korkeiche trägt. In der griechischen Mythologie beschreibt Ovid die Enthäutung des Silen Marsyas, welcher Apoll zum Musikwettkampf herausfordert und verliert – zur Strafe wird Marsyas bei lebendigem Leib gehäutet. Bei Ovid kristallisiert sich die Frage: Quid me mihi detrahis? Was ziehst Du mich ab von mir selber? Die Haut ist nicht mehr nur Synonym für Umhüllung, sonder Projektions- und Identifikationsfläche. Eine Entäutung nimmt den Opfern mit ihrer Identifikation auch noch das Leben. Die Haut als Wahrnehmungsorgan verknüpft Impressionen aus vielen perzeptuellen Bereichen, wobei die sinnlichen und seelischen Hautempfindungen immer untrennbar miteinander verbunden sind. Die natürliche Häutung kann als Reinigungs- und Wachstumsprozess verstanden werden. Dieses Herauswachsen wird üblicherweise im Sinne der Wahrheitssuche interpretiert. Noch als Fragment hat die Haut der Korkeiche Grazie, Würde und in ihrer sowohl Negativ-, als auch Positivform eine Körperlichkeit. Ich begegne diesen rauhen, schroffen, aber nicht unflexiblen Baumkörpern mit glänzend polierten organischen skulpturalen Formen, die zum berühren einladen. Sie reizen den Tastsinn des Betrachters, fordern die taktile Lust heraus und bieten weitere Assoziationen der Verwandlung an. Die Bearbeitung der Korkeichen des Alentejo allerdings hat einen uns allen bekannten Grund - dient dieser Rohstoff doch zur Konservierung des wunderbaren Weines, der mir zuletzt auch wegen des geopferten Korkens zu einer einzigartigen Kostbarkeit wurde.(Mareile F. Martin, Evora 2002)